Samstag, 16. Januar 2010







Am 18. September findet die 2. Versteigerung statt.

Ich gehe zu Ali, er ist am Abend bei der Versteigerung da. . Er versteht noch immer nicht warum ich mir das antue.
WeiLs ich es einfach als meine Verantwortung ansehe, dort wo ich lebe ZU SEIN. Ich habe meine Ausdrucksform gewählt. Für mich hat Kunst immer unter die Menschen gehört, nicht nur in Galerien. Möchte ständig gute Künstler zur Mitarbeit einladen.

Fahr noch schnell zu Fatma Hanim vom Ilcimüdürlük, sie begrüßt mich herzlich, hat jedoch gleich Ängste, dass ich ihre Hilfe erwarte. Habe keine Anliegen, ich zeige auf, mache sichtbar was alles so unter den Teppich gekehrt wird. Einstweilen noch alleine, eine Gemeinschaft – Dorfgemeinschaft gibt es noch nicht.

PROTOKOLL

2. Versteigerung des alten Muhtarlik in Sultaniye
16.Spt. 2009 – 20.00Uhr
Anwesende: (Von Seiten der Antragsteller einer neuen Versteigerung): Selami Ücü – (Veli, Selamis Neffe ein 16 Jähriger), und Cavit Ücü ( während der Diskussion dazugekommen Hatice Ücü sowie Ümmet Ücü mit einem Stock bewaffnet)

Von den Befürwortern: Cetin Mermer der Bürgermeister, Metin Mermer, Mehmet Bayraktar, Halil Tektas Bürgermeister aus Arvalia, Yavuz Asici. Esat Bayraktar, Ali Dincer, (beim Palamut im Hintergrund Mehmet Bayraktar II und Gülistan Bayraktar. Jonas Jelken Besuch aus Österreich, er hat einige Jahre seiner Kindheit hier verbracht. Katharina Orban Besucherin aus Österreich Johanna Picker hier wohnhaft und Brigitta Edler.
Etwas entfernt bei den Häusern eine weitere kleine Gruppe von Frauen,
die die Versteigerung aus sicherer Entfernung mit verfolgen.
Cetin Mermer: Der Bürgermeister ergreift das Wort. Das a. M. wurde um 25 TL vermietet. Wer bietet mehr.
Selami: Fragt wer der Mieter sei.
Johanna P.: Erklärt, dass sie die Mieterin ist, jedoch die Arbeit mit ihre Mutter Brigitta Edler gemeinsam an diesem Dorfentwicklungs- und Kunstprojekt arbeitet.
Selami : bietet 26 TL.
Cetin M.: Fragt wer mehr bietet: Die Frage an Johanna, was sie dazu meint.
(Es kommen keine Reaktionen von den Anwesenden)
Johanna P: Wir steigern nicht mit. Johanna versucht unsere Anliegen zu erklären, das Wort wird ihr schnell abgeschnitten, darum ging es nicht das wären alte Vereinbarungen. Es geht darum schnell die neuen Vereinbarungen abzuklären. Das Objekt unverzüglich zu räumen, und die Frage unter welchen Bedingungen der Vertrag abgeschlossen wird.
Eine heftige Debatte entsteht, was möglich ist und was nicht wird schnell festgestellt,
dass das Objekt für die Dorfbewohner nutzbar sein muss, wird zurückgewiesen, die Möglichkeit, dass die Dorfbewohner hier ihre eigenen Produkte zum Verkauf anbieten könnten, wie das beabsichtigt ist wird als Unsinn abgetan. Cavit Ü. tut sich diesbezüglich besonders hervor.

Ali Dincer versucht nochmals zu erklären, dass das Gebäude, renoviert, und saniert wurde…es wurde ihm sofort das Wort von Cavit Ü. abgeschnitten mit den Worten,
SEN SUS, SEN KONUSMA,
Da die Stimmung sehr gespannt und aggressiv war, wollte der Bürgermeister Halil Tektas einlenken.
Auch ihm fiel man ins Wort und er wurde zurecht gewiesen, dass er hier nur geduldet sei und keinerlei Kommentare abzugeben hätte. Halil Tektas stand auf und verließ die Versammlung. (Er hat in seinem Auto den weiteren Verlauf der Versteigerung mitverfolgt).

Bei einer weiteren Wortmeldung von Metin B., wird dieser lautstark niedergebrüllt.
Die Gemüter erhitzen sich, die Männer gehen zum zweiten Mal aufeinander los.

Hatice Ü. kommt wohl durch das Gebrüll auf der Versammlung angelockt und hält dem Bürgermeister eine lange Rede und klärt ihn über seine Pflichten auf.
Nach einem längeren Monolog, wird ihr das Wort von ihrem Mann genommen.
Während der Versammlung wurde uns vom neuen Mieter mitgeteilt, dass wir hier zu Gast wären. Zwar Gäste denen auch alles zusteht wie den anderen, z. B. Strom Wasser etc. (Wir leben hier seit 1988)
Johanna stößt sich schon lange an dem Wort Touristen, das gewohnheitsgemäß immer wieder einmal für uns verwendet wird.
Sie, Johanna, möchte hier nicht als Tourist gesehen werden, sie hätte sich entschlossen hier zu leben, sie möchte sich hier zu Hause fühlen können.
Selami Ü.: Möchte die Sache beenden, das Objekt soll geräumt werden, morgen hätte er gerne den Vertrag, der auf ein Jahr abgeschlossen werden soll.

Bei der Einwendung eines Dorfbewohners, dass hier ja auch Mühe, Einsatz und Kosten entstanden sind, meint Selami Bey, gelassen, das wäre ein Problem zwischen dem Bürgermeister und den alten Mietern.

Wie wir in unserer Stellungnahme schon mitgeteilt haben, geht es bei kaum einen Konflikt im Dorf um die jeweilige Sache, es geh ums Sagen und wer die Macht hat.
Als Abschluss wurde uns noch von Selami Ü. sowie Cavit Ü. mitgeteilt, dass sie uns mögen, dass wir die Sache hier nicht falsch verstehen sollten, das hätte alles nichts mit uns zu tun.


Der Komik halber Auszüge von den Aussagen während der Versammlung:

Zum Thema Verständigung und demokratischen Umgang
Ali D. will etwas erklären
Cavit brüllt: „Sus, Du redest nichts“ ,
Ali: „Bin ich kein Mensch“
Cavit noch lauteres Gebrüll: „ Du sei still.“
Das wiederholt sich bis die Männer aufstehen und aufeinander losgehen.

Metin A…… nicht zum Wiedergeben.
Cavit: „Sei still, Sus, wer bist denn Du hier schon.
Metin: „Sen sus, es ist offensichtlich, dass deine Scheisse überall herausrinnt…

Wieder Wortwechsel, bis die Männer aufeinander losgehen … werden von den anderen zurückgehalten.

Nach einem Redeschwall von Hatice, wird sie von ihrem Mann zurechtgewiesen:
„Sus, wir haben jetzt genug gehört von Dir.“ Frau schweigt.

Ausländer und Integration:
Selami Ü.: „Wenn ich gefragt werde, wem dieses Haus da oben gehört, dann sage ich den Fremden, oder den Österreichern, den Touristen“.

Johanna erklärt, dass sie das kränkt, wenn sie nach über 20 Jahren hier sein, immer noch „Tourist“ genannt wird.

Selami Ü.: Ich kann es mir auch nicht aussuchen wie ich von den Leuten genannt werde. Wenn es dir nicht passt, musst du die türkische Staatsbürgerschaft annehmen und deinen Namen auf Ayse oder Fatma ändern. Das wird aber auch nichts nützen, denn mit Sicherheit wirst du nie eine von hier sein.

Mimik, Gesten, Stimmungen, das Daherkommen eines jungen Menschen mit einem Stock in der Hand in dem Moment wo sich die Gemüter erhitzen….. lassen sich hier schwer wiedergeben.
(Ein Problem, das wir auch hier gut kennen. Seit Jahren arbeiten wir gegen Fremdenfeindlichkeit, Integration und Völkerverständigung zwischen Österreich Türkei. Wir organisieren da und dort Kunstprojekte. ( 2004 TON:on:TON) diverse Ausstellungen in der Adnan Franko Galerie, in Linz, Steyrermühl, Sarajevo)…etc..

Mehmet, erster Berater des Bürgermeisters, empört über das heutige Geschehen brüllt „Das sind ja Kommunisten!“.
Cetin der Bürgermeister: weist ihn liebevoll zurecht, nein, du meinst Faschisten.

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